Schwerpunktbereich "Kriminologie und Strafrechtspflege"
Die Veranstaltungen im Rahmen der Schwerpunktausbildung geben einen Überblick über das Forschungsfeld Kriminologie und Strafrechtspflege.
Mit diesem Schwerpunktbereich, der ebenfalls einem besonderen Forschungsschwerpunkt der Fakultät entspricht, wird ein ebenso profiliertes wie spezialisiertes Programm angeboten, das auf Tätigkeiten bei Strafgerichten und Staatsanwaltschaften, im Strafvollzug oder im kriminalpräventiven Bereich vorbereitet. Diese Tätigkeiten erfordern Kenntnisse über Straftaten, deren Ursachen und Vermeidung, die die Grenzen des Rechts übersteigen und interdisziplinäres Wissen voraussetzen. Die Kriminologie beschäftigt sich mit der Erklärung und dem Verstehen von Kriminalität. Sie befasst sich aus empirischer Perspektive mit Tätern, Taten und Opfern sowie den Reaktionen des Kriminaljustizsystems und versucht zudem, Präventionsansätze zu entwickeln. Zu ihren Bezugswissenschaften zählen insbesondere die Soziologie und die Individual- und Sozialpsychologie, aber auch z.B. die Pädagogik, die forensische Psychiatrie, die Biologie oder die Ökonomie.
Mit Bezug auf die zweite Säule des Schwerpunkts, die Strafrechtspflege, werden insbesondere Vorlesungen zur strafrechtlichen Sanktionenlehre und zum Jugendstrafrecht angeboten, ergänzend und wahlweise auch Vorlesungen zum Strafvollzugsrecht, zum Recht und der Praxis der Strafverteidigung, zur forensischen Psychiatrie und zum Medizinstrafrecht, die dogmatisch fundiert, praxisrelevant und unter Einbeziehung der vorhandenen empirischen Erkenntnisse die notwendigen Grundlagen für ein vertieftes Verständnis dieses Themenbereichs schaffen.
Informationen zur Studienarbeit
Die Seminare im Schwerpunktbereich „Kriminologie und Strafrechtspflege“ finden themenbezogen statt.
Das Oberthema wird rechtzeitig auf der Website des Lehrstuhls bekannt gegeben. Die Anmeldung ist ab dem jeweils angegeben Zeitpunkt möglich.
Die Themenausgabe erfolgt in der vorlesungsfreien Zeit. An diesem Tag werden die Einzelthemen bekannt gegeben und nach geäußertem Interesse an die angemeldeten Studierenden vergeben. Ab diesem Moment läuft die Frist für die Vorbereitung der Studienarbeit. Innerhalb der ersten Woche nach Ausgabe des Themas findet sowohl ein Beratungsgespräch mit dem*der Zweitgutachter*in als auch Prof. Harrendorf statt. Die Teilnahme an diesen Gesprächen ist keine Pflicht, wird jedoch dringend empfohlen.
Die mündliche Prüfung wird im Seminar durch Präsentation und Verteidigung der Studienarbeit sowie Diskussion der weiteren dort präsentierten Studienarbeiten abgeleistet. Die Präsentation soll in der Regel 20 Minuten dauern, die Verteidigung weitere 25 Minuten.
Während des gesamten Seminars besteht für alle Teilnehmenden Präsenzpflicht.
Schwerpunktbereich
Die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung ist neben der staatlichen Pflichtfachprüfung Bestandteil der Ersten juristischen Prüfung.
Die Schwerpunktbereichsprüfung besteht aus:
1. einer Studienarbeit,
2. einer mündlichen Prüfung in Form der Mitwirkung an einem Seminar, insbesondere
durch Präsentation und Verteidigung der Studienarbeit nach Nummer 1, und
3. einer Klausur.
Zugelassene Hilfsmittel zur Klausur für den Schwerpunktbereich "Kriminologie und Strafrechtspflege":
- Habersack (zuvor Schönfelder) mit Ergänzungsband oder Nomos Strafrecht
- Strafvollzugsgesetze: Bund und Länder (DTV)
Weiterführende Informationen:
Angebote an Schwerpunktfachveranstaltungen
Die Veranstaltungen 1-3 sind Pflichtveranstaltungen, aus den Veranstaltungen 4-7 muss eine Veranstaltung gewählt werden:
Lf.Nr. | Veranstaltung/Dozent |
ECTS/SWS |
1. |
Kriminologie / S. Harrendorf Begriff, Gegenstand und Aufgaben der Kriminologie; Struktur und Entwicklung der Kriminalität im Hell- und Dunkelfeld; Kriminalität und Kriminaljustiz im internationalen Vergleich; Geschichte der Kriminologie; Theorien der Kriminalität; Methoden der Kriminologie; Entstehungsbedingungen und Folgen von Straftaten; besondere Erscheinungsformen abweichenden Verhaltens (insbes. Verkehrsdelinquenz; Gewalt- und Sexualkriminalität; Drogen und Kriminalität; abweichendes Verhalten im Internet; Makrokriminalität); Instanzen und Prozesse strafrechtlicher Sozialkontrolle; Kriminalprävention; zusätzlich in Grundzügen kriminalistische, insbesondere rechtsmedizinische, Bezüge der genannten Themen |
5/2 |
2. |
Strafrechtliche Sanktionenlehre / S. Harrendorf System strafrechtlicher Rechtsfolgen; Rechtswirklichkeit der Sanktionierung; Grund und Grenzen staatlichen Strafens; Wirksamkeit strafrechtlicher Sanktionen; Grundlagen der Strafzumessung im weiteren Sinne; Bestimmung der Strafhöhe (Strafzumessung im engeren Sinne); Hauptstrafen nach allgemeinem Strafrecht; Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung; alternative Reaktionsmöglichkeiten (insbesondere Verwarnung mit Strafvorbehalt und Absehen von Strafe; Täter-Opfer-Ausgleich und Wiedergutmachung; gemeinnützige Arbeit; elektronisch überwachter Hausarrest); Nebenstrafe, Nebenfolgen und Maßnahmen; Maßregeln der Besserung und Sicherung; Kriminalprognose; Diversion und konsensuale Verfahrenserledigungen; Sanktionierung im internationalen Vergleich; zusätzlich in Grundzügen forensisch-psychiatrische Bezüge der genannten Themen |
5/2 |
3. |
Jugendstrafrecht / S. Harrendorf Systematischer Standort und Grundlagen des Jugendstrafrechts; Jugendstrafrecht im Gefüge des Jugendrechts; Geschichte des Jugendstrafrechts; Entwicklung, Erscheinungsformen und Ursachen der Jugendkriminalität; Rechtswirklichkeit jugendstrafrechtlicher Sanktionierung; Anwendungsbereich des Jugendstrafrechts; jugendstrafrechtliches Rechtsfolgensystem (Erziehungsmaßregeln; Zuchtmittel; Jugendstrafe; Formen der Bewährungsaussetzung); Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren; Diversion im Jugendstrafverfahren |
5/2 |
4. |
Strafvollzugsrecht / S. Harrendorf Strafvollzugsgesetze der Länder; Strafvollzugsrecht als Teil der gesamten Strafrechtswissenschaft; Geschichte und Rechtswirklichkeit; Gefangenenraten und Punitivität im internationalen Vergleich; verfassungsrechtliche und internationale Grundlagen; Ziel(e), Aufgaben und Gestaltungsgrundsätze; Organisation; Strafantritt, Aufnahmeverfahren und Vollzugsplanung; Unterbringung; Kommunikation mit der Außenwelt; Arbeit, Unterricht, Freizeit, Religionsausübung; Behandlungsprogramme; Vollzugslockerungen und Entlassungsvorbereitung; Gesundheit; Sicherheit und Ordnung; Disziplinarmaßnahmen; Verfahrensrecht, Beschwerden und Rechtsbehelfe; besondere Vollzugsrechte |
5/2 |
5. |
Recht und Praxis der Strafverteidigung / C. Fahl, O. Hohmann Stellung der Strafverteidigung; Berufsstrafrecht; Strafverteidigung als Strafvereitelung; Konfliktverteidigung und Rechtsmissbrauch; Ausschluss von Verteidigern; Verbot der Mehrfachverteidigung; Wahlverteidigung und Pflichtverteidigung; Rechtsanwälte als Zeugenbeistand und Vertreter des Tatopfers; Akteneinsichtsrecht; Verteidigung im Ermittlungsverfahren; Verteidiger als Betroffene des Ermittlungsverfahrens; prozessuale Verständigung (§ 257c StPO) und ausgehandelte informelle Verfahrenserledigungen und -beschränkungen (u.a. §§ 153, 153a, 154, 154a StPO); Kronzeugenregelung (§ 46b StGB; § 31 BtMG); Beweisantragsrecht; Revision aus Sicht der Verteidigung; Konsequenzen von und Haftung bei fehlerhafter bzw. unzureichender Strafverteidigung |
5/2 |
6. |
Einführung in die forensische Psychiatrie / S. Orlob Begriff, Gegenstand und Aufgaben der forensischen Psychiatrie; rechtliche Rahmenbedingungen in Beziehung zur Psychiatrie; Stellung, Rechte und Pflichten der Sachverständigen im Verfahren; Ideengeschichte und ethische Aspekte der Konzepte der forensischen Psychiatrie; öffentliche Wahrnehmung und Stigmatisierung psychisch kranker Straftäter*innen; Delinquenz- und Gewaltrisiko von psychisch Kranken; psychiatrische Krankheitslehre, Klassifikationssysteme und Implikationen für die forensisch-psychiatrische Beurteilung; Betreuungsrecht; besondere Fragestellungen im Strafrecht: Affektdelikte, Sexualdelikte, Aggressionsdelikte, Suizidalität, Amoktaten und Altersdelinquenz; Rückfallprognose, Risikoeinschätzung und Risikomanagement; Behandlung psychisch kranker Rechtsbrecher*innen im Maßregelvollzug; Gefängnispsychiatrie |
5/2 |
7. |
Medizinstrafrecht / G. Merkel Berücksichtigung medizinethischer Fragestellungen Strafbarkeit und ethische Fragen medizinischer Eingriffe am Lebensanfang (z. B. Präimplantationsdiagnostik, Schwangerschaftsabbruch), am Lebensende (z. B. Sterbehilfe, Behandlungsabbruch, ärztlich assistierter Suizid) und im Rahmen von Organtransplantation sowie sonstige strafrechtliche Probleme ärztlicher Tätigkeit (insb. Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit ärztlicher Heileingriffe) |
5/2 |